21: Bolivien La Paz

Auch wenn wir nicht viele Fotos gemacht haben, hat uns La Paz, die Hauptstadt Boliviens, wirklich positiv überrascht. Eigentlich mögen wir Städte, vor allem größere, nicht besonders. Deshalb war unsere Erwartung, die Stadt mit ihren fast 2 Millionen Einwohnern auf 3.600 Metern Höhe spätestens nach zwei Nächten wieder zu verlassen.

Es kam jedoch anders, denn es gab so vieles, das uns sehr interessiert hat. Am Ende sind wir ganze sechs Nächte geblieben. Ein besonderes Highlight in La Paz ist das beeindruckende Seilbahnnetz, das sich über insgesamt 33 Kilometer erstreckt und in 10 Linien quer durch die Stadt aufgeteilt ist.

Dieses Seilbahnnetz ist das größte innerstädtische der Welt, und wir haben unseren kompletten zweiten Tag damit verbracht, alle Linien abzufahren. Besonders in der Dunkelheit zeigt sich die Stadt aus einer einzigartigen Perspektive.

Die Bevölkerung liebt ihre Seilbahnen, da sie die Reisezeit in der bergigen Region drastisch verkürzen. Trotz der erschwinglichen Preise ist das Projekt nicht auf Subventionen angewiesen und seit einigen Jahren profitabel.

Nachdem wir die Stadt im Rahmen unserer Möglichkeiten selbst erkundet hatten, entschieden wir uns, an einer Walking Tour teilzunehmen, da wir damit unter anderem in Bogotá bereits sehr gute Erfahrungen gemacht hatten.

Obwohl nur eine weitere Person aus Italien dabei war, gab sich unser junger Guide unglaublich viel Mühe, uns die Geschichte und Besonderheiten Boliviens näherzubringen. Unter anderem führte er uns zum innerstädtischen Gefängnis "San Pedro".

Das Besondere an diesem Gefängnis ist, dass es im Inneren keine Wärter gibt. Die Insassen regeln alles untereinander. Über die Jahrzehnte hinweg haben sie innerhalb der Gefängnismauern eine eigene kleine Stadt aufgebaut. Es gibt keine klassischen Zellen; die Unterkünfte der Insassen richten sich nach ihrer Zahlungsfähigkeit. Alles ist möglich – von einer Fünf-Sterne-Suite mit Whirlpool und Flatscreen bis hin zum Schlafen auf den Fluren.

Sogar ein Bürgermeister wird gewählt, allerdings ist die inoffizielle Regel, dass nur Personen kandidieren, die mindestens wegen Mordes oder Totschlags verurteilt wurden.

Eine weitere Besonderheit ist, dass die Insassen mit ihren Familien im Gefängnis leben. Die Wärter außerhalb lassen sowohl Familienangehörige als auch andere Besucher problemlos hinein. Ob jemand wieder hinaus darf, entscheiden jedoch die Insassen. Für die Familien stellt das kein Problem dar: Die Kinder gehen morgens zur Schule, die Frauen erledigen Einkäufe auf dem Markt, und anschließend kehren sie ins Gefängnis zurück.

Dieser Ort ist jedoch äußerst umstritten, da das Gefängnis parallel auch als riesiges Drogenlabor fungiert, in dem vor allem Kokain hergestellt wird. Dieses wird häufig über Kinder oder sogar Tauben in die umliegende Stadt geschmuggelt. Die Einnahmen finanzieren den Insassen teilweise ein luxuriöses Leben hinter Gittern.


Wir haben auch über die Cholitas gelernt – indigene Frauen aus den Andenregionen, die durch ihre traditionelle Kleidung und ihren kulturellen Stolz bekannt sind. Der Begriff hat historische Wurzeln und wurde früher oft abwertend verwendet, um Frauen indigener Herkunft zu diskriminieren. Heute jedoch haben die Cholitas den Begriff positiv besetzt und nutzen ihn, um ihre Identität und Stärke zu betonen.

Für uns ist klar: Ohne die Cholitas würde ganz La Paz im Chaos versinken. Sie übernehmen scheinbar alle wichtigen Aufgaben in der Stadt. Besonders bekannt sind sie als Caseritas, die Verkäuferinnen auf den Märkten – vor allem auf dem größten Markt Südamerikas in El Alto. Die Einheimischen haben eine besondere Beziehung zu ihren Caseritas, und es gibt sogar ein Sprichwort, das besagt: Man kann seine Freundin oder Frau betrügen, aber niemals seine Caserita.“

La Paz war voller faszinierender Geschichten und Obskuritäten. Auch nach sechs Nächten wurde es uns hier keineswegs langweilig. Doch wir hatten noch einiges vor uns, und das, was als Nächstes kommen sollte, war ein lang gehegter Traum von mir: das Radfahren in der Salar de Uyuni und über das Hochplateau der Region Lípez Sur im Süden Boliviens.

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