20: Peru
Nach den schönen Erlebnissen in Ecuador und einem gesundheitlich wiederhergestellten Justas überqueren wir die Grenze nach Peru und kommen in der Stadt Jaén an. Voller Motivation und Vorfreude beginnen wir unsere ca. einmonatige Etappe – eine Route, auf die wir uns seit Langem freuen.
Unter anderem werden wir eine Runde in der Huascarán-Bergkette drehen, Heimat des höchsten Berges Perus (6768 Meter) und unzähligen Berglagunen.
Bevor wir die großen Berge erklimmen, starten wir einige hundert Kilometer weiter nördlich, um uns auf Höhen zwischen 2500 und 3500 Metern zu akklimatisieren. Die Campingmöglichkeiten hier sind genau nach unserem Geschmack: fast überall, wo wir abends anhalten, ist es menschenleer, oder wir können in kleinen Bergdörfern die Einheimischen um Erlaubnis bitten. Es fühlt sich sicher an, und manchmal scheinen die Bergbewohner sogar etwas Angst vor unserer fremden Erscheinung zu haben.
Die Menschen hier in Peru sind auf ganz besondere Weise faszinierend. Es ist beeindruckend, wie stark hier eine ursprüngliche Lebensweise gepflegt wird – besonders sichtbar in der traditionellen Kleidung mit den charakteristischen Hüten. Die kleinen Dörfer sind oft um einen lebendigen Marktplatz herum angeordnet, auf dem die Bewohner Gemüse, Früchte und Tiere anbieten. Abgesehen von gelegentlich aggressiven Hunden werden wir überall herzlich empfangen, vor allem die Kinder sind neugierig und stellen uns viele Fragen. Ich freue mich, dass mein Spanisch mittlerweile wieder so gut ist, dass ich hier auch längere Gespräche führen kann.
Die Schulkinder in diesem Dorf (Moyobamba) sind ganz besonders neugierig. Es fängt mit zwei Mädchen an, bis gefühlt die halbe Klasse angerannt kommt. Am Ende der Fragestunde möchten sie gerne zeigen wie stark sie schon sind und heben gemeinsam mein beladenes Fahrrad. Echt super süß.
Nach mehreren Tagen in den Bergen steigen wir über 2000 Meter auf rund 700 Meter ab. Zum Glück ist der erste Teil der Strecke asphaltiert, und so sausen wir für ein paar Stunden im Morgengrauen durch die Serpentinen – fast ganz ohne Verkehr. Doch nach dem Asphalt beginnt der anstrengende Teil: ein holpriger Schotterweg, der nur von illegalen Minenarbeitern genutzt wird und durch einen Canyon führt. Die Aussicht ist dafür unglaublich, und mit den zahlreichen Tunneln und sogar Flussdurchquerungen fühlen wir uns wie echte Abenteurer.
Nach ein paar Tagen zwischen den Felswänden des Canyons haben wir nun zum ersten Mal die mächtige Gebirgswand des Huascarán vor uns. Der erste Tag hält gleich einen gewaltigen Anstieg bereit: Über 1500 Höhenmeter auf einer Schotterpiste bis auf fast 4000 Meter. Unser Antrieb ist der Zeltplatz an der wunderschönen Laguna Llanganuco, der uns am Ende dieser Herausforderung erwartet.
Am nächsten Tag lassen wir die Fahrräder zurück und steigen über einen Wanderweg zur Laguna 69 auf. Die Lagune liegt auf 4600 Metern, direkt an einem Gletscher, und Wasserfälle aus Gletscherwasser stürzen direkt in das türkisblaue Wasser. Die Farben sollen atemberaubend sein – das müssen wir selbst sehen.
Das Wetter spielt perfekt mit: Die Sonne scheint die ganze Zeit, und die Wolken scheinen nur dazu da, um die Fotos noch spektakulärer zu machen und uns ab und zu Schatten zu spenden. Außer Atem, aber begeistert, erreichen wir die Lagune. Die Farben und die Szenerie sind fantastisch. Wir machen eine Mittagspause, und ich wage sogar einen kurzen Sprung ins eiskalte Wasser.
Das Huascarán-Gebirge ist jedoch noch lange nicht fertig mit uns, und für den nächsten Tag hält unsere Route einen Bergpass auf über 4700 Metern bereit. Es hilft nicht gerade, dass wir bereits von der Laguna 69 aus den Pass und die Serpentinen sehen können. Mit reichlich Pausen schaffen wir es jedoch auf den Pass und genießen die Aussicht bei einem wohlverdienten Schlückchen Rum. Von hier aus geht es erst einmal ein gutes Stück bergab, bis wir die Bergkette in ein paar Tagen erneut am berühmten Punta Olympia auf 4800 Metern überqueren müssen.
Während ich die Aussicht auf die geschaffte Strecke und die beeindruckende Bergkette genieße, denke ich an meinen Opa, der an diesem Tag seinen 85. Geburtstag feiert. Alles Gute!